Duvalier und Mobutu: Ruf der Schweiz auf dem Spiel

Dieser Beitrag erschien auf der Frontseite fpi 3/07

André Rothenbühler, Max Mader

Für die Schweizer Regierung steht viel auf dem Spiel: Wenn sie die Gelder den Familien der Ex-Diktatoren Jean-Claude Duvalier und Mobutu Sese Seko aushändigen muss, wird sie international gebrandmarkt sein. Die Aktion Finanzplatz Schweiz und andere NGO setzen sich dafür ein, dass die Gelder in der Schweiz solange blockiert bleiben, bis sie an die Herkunftsländer zurückgeführt werden können.

Bereits 1986 wurden in der Schweiz aufgrund eines haitianischen Rechtshilfegesuchs ca. 7,5 Mio. Franken an Duvalier-Geldern blockiert. Das Rechtshilfegesuch aus dem Kongo folgte 1997, worauf der Bundesrat alle Vermögenswerte von Mobutu blockierte; das sind heute noch rund 8 Mio. Franken.

Die beiden Fälle weisen Parallelen auf: Die armen Völker Haitis und der Demokratischen Republik Kongo haben unter jahrzehntelangen Diktaturen und Bürgerkriegen stark gelitten. Entsprechend schwach sind die Rechtssysteme dieser Staaten. Zudem sind die heutigen demokratischen Verhältnisse noch unstabil und die Regierungen nicht frei von „Altlasten“. So bekleidet ein Sohn des früheren Diktators Mobutu das Amt des Landwirtschaftsministers. Es verwundert daher nicht, dass beide Staaten bis jetzt nicht in der Lage waren, genug Beweise für die rechtswidrige Aneignung der Gelder durch die Ex-Diktatoren vorzulegen. Auch liegen keine rechtskräftigen Urteile gegen die Ex-Diktatoren vor. Darum sind beide Rechtshilfeverfahren gegen Duvalier und Mobutu inzwischen gescheitert.

Im Fall Mobutu hatte die Völkerrechtsdirektion des EDA auf die Notwendigkeit hingewiesen, Potentatengelder trotz Scheitern eines Rechtshilfeverfahrens weiter blockieren zu können. Sie fand jedoch beim Bundesgericht kein Gehör. Dieses anerkannte aber die Gefährdung und Schutzwürdigkeit des Ansehens der Schweiz als Beurteilungskriterium.

Duvalier-Gelder bleiben blockiert

Dennoch sah es so aus, als ob der Bundesrat die Duvalier-Gelder Ende letzten August an die Familie freigeben würde. Um dies zu verhindern, appellierten Schweizer NGO in einem Brief an den haitianischen Premierminister, ein Gerichtsverfahren gegen Jean-Claude Duvalier zu eröffnen. Der Bund und die UNO unternahmen ähnliche Vorstösse. Haiti www.aktionfinanzplatz.ch reagierte: Auf Ersuchen von Präsident René Préval entschied der Bundesrat, die DuvalierKonten ein weiteres Jahr zu sperren. Mit diesem Entscheid interpretiert der Bundesrat – ganz im Sinne der NGO – die „angemessene Frist“, wie lange Gelder ohne Gesetzesgrundlage blockiert werden dürfen, viel weiter als das Bundesgericht. Der Ball liegt jetzt bei der haitianischen Regierung, wobei die Schweiz ihr jede mögliche – auch technische – Unterstützung geben sollte. Demgegenüber ist die Schweiz nach wie vor ohne neue Informationen aus der Demokratischen Republik Kongo. Mitte Juli besuchte Bundespräsidentin Micheline CalmyRey das Land und rief die dortigen Behörden auf, einen Rechtsvertreter in der Schweiz zu benennen. Solange dies nicht geschieht, bleibt der von der Schweiz angestrebte Weg der Vergleichsverhandlungen verschlossen. Überdies müssten auch Mobutus Erben ihre Zustimmung zum kongolesischen Rechtsvertreter erteilen. Dabei ist unklar, ob sie überhaupt Hand zu Vergleichsverhandlungen bieten. Das Ziel dieser Verhandlungen wäre, wenigstens einen Teil des Geldes rückführen zu können.

Gesetzesrevision in Vorbereitung

Die Blockierungsfrist für die Haiti-Gelder läuft im August 2008 ab, diejenige für die MobutuGelder im November 2008. Falls beide Länder bis dahin nicht die Voraussetzungen für eine Rückführung der Gelder schaffen können, so muss die Schweiz alle politischen Mittel ausschöpfen, damit die Gelder weiterhin blockiert bleiben. Derzeit wird im EDA ein Gesetzesentwurf erarbeitet, der es der Schweiz ermöglichen soll, Gelder auch ausserhalb eines Rechtshilfeverfahrens unbefristet zu blockieren oder zu beschlagnahmen. Wenn, dann tritt diese Gesetzesrevision wohl aber erst nach 2008 in Kraft.

Nach oben scrollen